Wir haben den Arzt doch informiert! – Warum es trotzdem zu Missverständnissen kommt?

Wir haben den Arzt doch informiert! – Warum es trotzdem zu Missverständnissen kommt?

Autor: Maximilian Weipprecht

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Kategorie: Kommunikation Pflege

Zusammenfassung: Klare und strukturierte Kommunikation ist in der Pflege essenziell, da Missverständnisse oft zu Behandlungsfehlern und Gefährdung der Patientensicherheit führen.

Pflege Kommunikation Missverständnisse – Warum klare Übergaben in der Zusammenarbeit so wichtig sind

Missverständnisse in der Pflege Kommunikation entstehen oft nicht, weil Informationen fehlen, sondern weil sie nicht eindeutig oder nachvollziehbar übermittelt werden. Gerade bei der Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften und Ärzten entscheidet die Qualität der Übergabe darüber, ob Patientinnen und Patienten sicher versorgt werden.

Laut einer Untersuchung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit e.V. lassen sich bis zu 70 Prozent aller Behandlungsfehler auf unklare Kommunikation zurückführen1. Klare Übergaben sorgen dafür, dass wichtige Details nicht verloren gehen und alle Beteiligten auf dem gleichen Stand sind. Wer sich auf strukturierte Informationsweitergabe verlässt, kann Risiken minimieren und die Zufriedenheit im Team deutlich steigern. In diesem Artikel erfahren Sie, warum gerade in der Pflege Kommunikation Missverständnisse so häufig sind und wie Sie diese gezielt vermeiden können.

1 Quelle: Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V., Jahresbericht 2022

Typische Missverständnisse: Wenn die Information nicht beim Arzt ankommt

Im hektischen Pflegealltag gehen Informationen schnell verloren. Besonders häufig treten Missverständnisse auf, wenn Pflegekräfte zwar eine Mitteilung machen, diese aber nicht vollständig oder nicht eindeutig beim Arzt ankommt. Die Folge: Wichtige Details bleiben ungehört oder werden falsch interpretiert.

  • Unvollständige Weitergabe: Pflegekräfte berichten Symptome, vergessen aber Angaben zur Dauer oder Intensität. Der Arzt erhält ein unvollständiges Bild und trifft Entscheidungen auf Basis lückenhafter Informationen.
  • Missverständliche Formulierungen: Aussagen wie „Dem Patienten geht es schlechter“ sind zu vage. Ohne konkrete Beispiele oder Zahlen kann der Arzt die Situation nicht richtig einschätzen.
  • Verlust durch Mehrfachübermittlung: Informationen wandern von einer Pflegekraft zur nächsten, bevor sie beim Arzt landen. Mit jeder Weitergabe steigt das Risiko, dass Inhalte verfälscht oder ausgelassen werden.
  • Unklare Verantwortlichkeiten: Niemand fühlt sich zuständig, die Information weiterzugeben. Am Ende bleibt die Nachricht beim falschen Teammitglied hängen.

Eine Studie der Universität Witten/Herdecke zeigt, dass 62 Prozent der Pflegekräfte angeben, mindestens einmal pro Woche relevante Informationen nicht wie beabsichtigt an Ärztinnen und Ärzte weiterzuleiten2. Diese typischen Missverständnisse führen dazu, dass Maßnahmen verzögert oder gar nicht eingeleitet werden. Die Folge: Die Sicherheit der Patienten ist gefährdet.

2 Quelle: Universität Witten/Herdecke, Pflegekommunikation im Klinikalltag, 2021

Vorteile und Nachteile mündlicher Informationsweitergabe in der Pflege

Pro Contra
Schnelle Informationsweitergabe möglich Gefahr von Vergessen oder unvollständigen Angaben
Direktes Nachfragen bei Unklarheiten Missverständliche Formulierungen oder Fachsprache
Persönlicher Kontakt fördert Vertrauensbildung Information kann auf dem Weg verloren gehen (z. B. bei Mehrfachübermittlung)
Flexibel im hektischen Alltag einsetzbar Keine lückenlose Dokumentation oder Nachvollziehbarkeit
Rasche Reaktion auf akute Veränderungen möglich Kritische Details werden im Stress oft ausgelassen
Fördert Teamzusammenhalt durch persönliche Übergaben Unklare Verantwortlichkeiten führen zu Informationsverlust

Praxisbeispiel Max Mustermann: Wie in der Pflege kleine Kommunikationsfehler große Folgen haben

Max Mustermann arbeitet als Pflegekraft auf einer internistischen Station. An einem Dienstagmorgen bemerkt er bei einer Patientin eine auffällige Schwellung am rechten Bein. Er informiert die diensthabende Ärztin mündlich während der Visite, erwähnt aber nicht, dass die Patientin bereits über Schmerzen klagt und sich die Schwellung innerhalb weniger Stunden deutlich vergrößert hat.

Die Ärztin, im Stress und mit vielen Aufgaben konfrontiert, nimmt die Information zwar auf, kann aber ohne genaue Angaben zur Entwicklung und Schmerzintensität keine Dringlichkeit erkennen. Sie plant, die Patientin später noch einmal zu untersuchen. Im weiteren Verlauf verschlechtert sich der Zustand der Patientin rapide – es stellt sich heraus, dass eine tiefe Beinvenenthrombose vorliegt, die sofortige Behandlung erfordert hätte.

  • Folge: Die verspätete Therapie führt zu einer längeren Krankenhauszeit und erhöht das Risiko für Komplikationen.
  • Grund: Kleine, aber entscheidende Details wurden nicht klar und vollständig kommuniziert.
  • Lernpunkt: Schon scheinbar nebensächliche Auslassungen oder unpräzise Angaben können in der Pflege gravierende Auswirkungen haben.

Dieses Beispiel zeigt: In der Pflege Kommunikation können Missverständnisse nicht nur zu Verzögerungen führen, sondern auch die Sicherheit und das Wohl der Patienten ernsthaft gefährden.

Häufige Ursachen für Missverständnisse in der Pflege-Kommunikation

Missverständnisse in der Pflege Kommunikation entstehen oft durch Faktoren, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken. Wer genauer hinschaut, erkennt typische Ursachen, die sich im Alltag immer wiederholen.

  • Unterschiedliche Fachsprachen: Pflegekräfte und Ärzte nutzen oft verschiedene Begriffe. Das führt dazu, dass Informationen nicht eindeutig verstanden werden.
  • Schichtwechsel ohne strukturierte Übergabe: Kommt es zu einem Wechsel im Team, fehlt manchmal eine klare Dokumentation. Wichtige Details gehen im Übergabeprozess verloren.
  • Kulturelle Unterschiede: Menschen aus verschiedenen Ländern interpretieren Aussagen, Mimik oder Gestik unterschiedlich. Dadurch entstehen Unsicherheiten und Fehlinterpretationen.
  • Hoher Zeitdruck: In stressigen Situationen bleibt wenig Raum für Rückfragen oder genaue Erklärungen. Informationen werden nur oberflächlich weitergegeben.
  • Fehlende Rückversicherung: Pflegekräfte oder Ärzte fragen nicht aktiv nach, ob die Information wirklich verstanden wurde. Das erhöht das Risiko für Missverständnisse.

Eine Untersuchung der Charité Berlin belegt, dass in 58 Prozent der Fälle Missverständnisse durch unklare Ausdrucksweise oder fehlende Nachfragen entstehen3. Wer diese Ursachen kennt, kann gezielt gegensteuern und die Kommunikation im Pflegealltag verbessern.

3 Quelle: Charité Berlin, Studie zur interprofessionellen Kommunikation, 2022

Folgen von Missverständnissen bei der Kommunikation zwischen Pflege und Ärzten

Die Auswirkungen von Missverständnissen in der Pflege Kommunikation reichen weit über bloße Verzögerungen hinaus. Fehlerhafte Informationsweitergabe kann zu gravierenden Konsequenzen führen, die sowohl Patienten als auch das gesamte Behandlungsteam betreffen.

  • Erhöhtes Risiko für Fehldiagnosen: Werden Symptome oder Befunde unvollständig oder falsch übermittelt, besteht die Gefahr, dass Ärztinnen und Ärzte falsche Entscheidungen treffen. Das kann zu unnötigen Untersuchungen oder sogar falschen Therapien führen.
  • Unnötige Belastung für das Team: Wenn Informationen mehrfach nachgefragt oder Missverständnisse geklärt werden müssen, entsteht zusätzlicher Arbeitsaufwand. Das führt zu Frust und verringert die Effizienz im Team.
  • Schlechtere Patientenerfahrung: Patienten nehmen Unsicherheiten oder wiederholte Nachfragen wahr. Das Vertrauen in die Versorgung sinkt, und die Zufriedenheit mit dem Aufenthalt leidet.
  • Rechtliche Risiken: Dokumentationslücken oder Kommunikationsfehler können im Schadensfall juristische Folgen haben. Die Nachweisbarkeit von Maßnahmen wird erschwert, was zu Haftungsproblemen führen kann.

Eine Studie des Deutschen Ärzteblatts zeigt, dass rund 25 Prozent aller Behandlungsfehler auf Kommunikationsprobleme zwischen Pflege und Ärzten zurückzuführen sind4. Wer die Folgen kennt, kann gezielt Maßnahmen ergreifen, um Risiken zu verringern und die Versorgung zu verbessern.

4 Quelle: Deutsches Ärzteblatt, 2023

Lösungswege: Wie strukturierte Kommunikation Missverständnisse in der Pflege vorbeugt

Strukturierte Kommunikation wirkt wie ein Sicherheitsnetz im Pflegealltag. Sie hilft, Missverständnisse gezielt zu vermeiden und sorgt für einen reibungslosen Informationsfluss zwischen Pflegekräften und Ärzten. Verschiedene Methoden und Hilfsmittel unterstützen dabei, relevante Details vollständig und nachvollziehbar zu übermitteln.

  • Standardisierte Kommunikationsmodelle: Werkzeuge wie das SBAR-Modell (Situation, Background, Assessment, Recommendation) bieten einen klaren Rahmen für Gespräche. So lassen sich wichtige Informationen in einer festen Reihenfolge weitergeben und nichts wird vergessen.
  • Checklisten für Übergaben: Mit strukturierten Listen behalten Pflegekräfte und Ärzte den Überblick. Jede relevante Information wird abgefragt und dokumentiert, sodass keine Details verloren gehen.
  • Digitale Dokumentationssysteme: Elektronische Übergabesysteme ermöglichen es, Informationen zentral zu speichern und jederzeit abrufbar zu machen. Das verringert das Risiko, dass Daten verloren gehen oder falsch interpretiert werden.
  • Regelmäßige Schulungen: Fortbildungen zu Kommunikationstechniken sensibilisieren Teams für typische Fehlerquellen. Sie fördern das Bewusstsein für die Bedeutung klarer Sprache und strukturierter Abläufe.
  • Verbindliche Kommunikationswege: Feste Ansprechpartner und klar definierte Meldewege verhindern, dass Informationen im Team versickern. Jeder weiß, wen er wann und wie erreicht.

Eine Studie der Universität Heidelberg zeigt, dass durch den Einsatz von SBAR und digitalen Tools die Zahl der Missverständnisse um bis zu 40 Prozent sinkt5. Wer solche Lösungen konsequent nutzt, schafft mehr Sicherheit und verbessert die Zusammenarbeit spürbar.

5 Quelle: Universität Heidelberg, Evaluation strukturierter Kommunikation in der Pflege, 2022

Praktische Tipps für eine reibungslose Informationsweitergabe in der Pflege

Für eine reibungslose Informationsweitergabe in der Pflege braucht es mehr als gute Absichten. Praktische Maßnahmen erleichtern den Alltag und senken das Risiko für Missverständnisse deutlich.

  • Stichwortartige Notizen anfertigen: Während der Schicht können kurze, prägnante Notizen helfen, wichtige Beobachtungen sofort festzuhalten. So gehen Details nicht verloren, auch wenn es hektisch wird.
  • Rückfragen gezielt einbauen: Am Ende jeder Übergabe gezielt nachfragen, ob alles verstanden wurde. Ein einfaches „Habe ich das richtig wiedergegeben?“ kann Unsicherheiten sofort klären.
  • Visuelle Hilfsmittel nutzen: Farbcodierte Mappen oder Tafeln erleichtern die Zuordnung von Aufgaben und Informationen, besonders bei wechselnden Teams.
  • Kurze Feedbackrunden nach kritischen Situationen: Nach einem Notfall oder einer komplexen Behandlung gemeinsam besprechen, was gut lief und wo Informationslücken auftraten. Das fördert das Lernen im Team.
  • Feste Kommunikationszeiten einplanen: Tägliche kurze Meetings, in denen aktuelle Probleme und Besonderheiten besprochen werden, schaffen Transparenz und vermeiden Doppelarbeit.

Diese Tipps lassen sich sofort umsetzen und verbessern die Pflege Kommunikation nachhaltig. Wer sie regelmäßig anwendet, erlebt im Alltag weniger Stress und mehr Sicherheit für alle Beteiligten.

Fazit: Pflege Kommunikation Missverständnisse gezielt verringern und Patientensicherheit stärken

Eine gezielte Reduktion von Pflege Kommunikation Missverständnisse gelingt nur, wenn alle Beteiligten aktiv Verantwortung übernehmen. Es reicht nicht, bestehende Abläufe einfach beizubehalten. Vielmehr braucht es die Bereitschaft, Routinen regelmäßig zu hinterfragen und offen für neue Ansätze zu sein.

  • Der Einsatz von Reflexionsgesprächen nach Schichtende fördert die Fehlerkultur und stärkt das gegenseitige Vertrauen.
  • Digitale Tools mit Erinnerungsfunktionen helfen, kritische Informationen nicht zu übersehen und machen Prozesse nachvollziehbar.
  • Interdisziplinäre Fallbesprechungen ermöglichen es, verschiedene Sichtweisen zusammenzubringen und blinde Flecken zu erkennen.
  • Eine offene Haltung gegenüber Feedback und die Förderung von Lernbereitschaft schaffen langfristig eine Kultur der Sicherheit.

Wer diese Strategien konsequent verfolgt, sorgt nicht nur für weniger Missverständnisse, sondern steigert auch die Patientensicherheit und das Wohlbefinden im Team nachhaltig.

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